Viele moderne Hexen bezeichnen ihre Haustiere als Familiare. Besonders Tiere zu denen die Hexe eine besondere Verbindung hat. Diese Definition von Familiaren ist heute die populärste und wurde auch durch die Medien stark verbreitet, in vielen Fernsehserien und Filmen über Hexen, werden die Hexentiere als Familiare bezeichnet. In deutschen Synchronisationen oft auch als Vertraute. Das Gleiche trifft auf Bücher zu.
In einigen Hexentraditionen wird der Begriff des Familiars auch verwendet um die animalische Seele der Hexe zu bezeichnen und auch als Austauschbarer Begriff für die Fylgia oder das Fetch verwendet. Doch da diese Begriffe in der deutsch sprachigen Hexenszene nur wenig bekannt sind, werde ich hier nicht tiefer darauf eingehen.
In der klassischen Vorstellung des Familiars war dieses aber kein Tier, sondern ein Geist. Dieser Geist erschien oft in Tiergestalt, war aber kein physisches Tier (also kein Haustier). Jetzt werden einige Leser bestimmt fragend die Augenbrauen hochziehen und dabei denken: Hey aber Hexen werden doch oft im Volksglauben mit schwarzen Katzen, Krähen, Raben, Kröten und Co verbunden, sind diese Tiere keine Familiare? Nein. Diese Tiere sind zwar Hexentiere und haben in der Folklore eine starke Verbindung zu den Hexen (da sie Tiere der Nacht und der Unterwelt sind) aber von der klassischen Sichtweise her, sind diese Tiere keine Familiare (allerdings konnten sich die Familiare der Hexe oft auch in Gestalt dieser Hexentiere zeigen). Um diese Hexentiere wird sich auch der letzte Teil dieses Artikels drehen.
Ein historischer Blick auf die Familiare:
Der Begriff Familiar kommt aus dem Lateinischen, die vollständige Version dieses Begriffes ist eigentlich Spiritus Familiaris. Übersetzt also ein vertrauter Geist, ein freundlicher Geist oder auch ein zum Hause gehörender Geist- also ein Geistwesen zu dem man eine familiäre Bindung hat.
Der Begriff Familiar kommt aus der Zeit der Hexnverfolgung und wurde in den Aussagen verschiedener Hexen dokumentiert. In England und Schottland sagten Hexen ohne Folter in den Prozessen aus- im Gegensatz zum europäischen Festland, dort war die Folter eine gängige Praxis und viele Aussagen der Hexen, wurden erst durch Einfluss der Folterungen gestanden. Familiare sind besondere Geister, die eine Beziehung zu den Hexen eingegangen sind und ihnen in ihrer Hexenkunst zur Seite standen. Die Familiare fehlen in den Aussagen der Hexen des europäischen Festlandes, nur im Mittelalter (also vor der systematischen Hexenverfolgung) gab es Aussagen in Prozessen (ebenfalls ohne Folter) von Geistern die eine ähnliche Funktion für die Hexen erfüllten- später treten diese Aussagen aber nicht mehr in den Prozessen des Festlandes auf (da die Prozesse oft Unschuldige betrafen und sie das Gestanden, was die Folterer hören wollten).
Familiare sind Geister, die in das Leben der Hexe traten um diese anzuweisen, ihnen Schutz zu spenden und ihnen bei ihrer Magie zu helfen. Diese Geister wurden von den Hexen selbst als Naturgeister gesehen, die sich den Hexen in Gestalt von Tieren zeigten, manchmal auch als Mischwesen, oder auch in Menschengestalt. Einige dieser Geister konnten auch ihre Gestalt verändern und so konnte der gleiche Geist der Hexe mal als schöner Mann erscheinen, mal als Hase oder schwarzer Hund. Aus Sicht der Richter wurden diese Geister natürlich als Dämonen gedeutet und man glaubte der Teufel hätte den Hexen diese Familiare gesandt. Viele Hexen selbst sagten aus, das die Geister erschienen sind, während sie in den Wäldern unterwegs waren, oder wenn sie Hilfe brauchten, einige trafen die Lady of Elfhame (eine Feenkönigin und Herrin der Toten, die sehr Hekate ähnelt) auf einer Wegkreuzung und sie haben ihre Familiare von dieser erhalten. Auch die Hexen des frühen Mittelalters erhielten von der Hexenkönigin ihre Schutzgeister. Andere Hexen gaben an, ihre Familiare von anderen Hexen „geerbt“ zu haben.
Die Hexen haben in den Prozessen angegeben, dass diese ihre Familiare mit Blut und Milch genährt haben und einige Hexen haben Flaschen und Gläser mit verschiedenen Gegenständen gefüllt, damit die Familiare eine Behausung hatten. Die Familiare lehrten den Hexen Zauber, halfen den Hexen und sie konnten ihre Familiare auch aussenden um andere Menschen zu beeinflussen.
Auch die Weisen Frauen und Kundigen Männer hatten oft Familiare. Viele Autoren unterscheiden strikt zwischen den Hexen (als Schadenszauberinnen) auf der einen Seite und den Weisen Frauen und Kundigen Männern (als Heiler) auf der anderen Seite. Doch wenn man etwas tiefer in die Thematik eintaucht, verschwimmen die Grenzen zwischen den Hexen und den Weisen immer mehr und eine Frau die in ihrem eigenen Dorf als Weise Frau bezeichnet wurde, konnte schnell als Hexe in ihrem Nachbardorf verschrien werden. Besonders bei den Familiaren verschwimmen die Grenzen zwischen Hexen und den Kundigen. Ebenso wie die Hexen hatten die Weisen Frauen und Kundigen Männer ihre Familiare, sie erschienen ihnen ebenso in Zeiten der Not, oder sie „erbten“ sie von einer anderen Weisen Frau. Die Familiare lehrten sie Heilzauber, wie Flüche aufgehoben werden konnten, teilten ihnen mit wo sich verschwundenes Vieh befand, oder wer der Dieb war, der dem Klienten der Weisen Frau etwas gestohlen hatte. Und ebenso wie bei den Hexen, erschienen die Familiare in Tiergestalt (und oft in Gestalt der typischen Hexentiere), aber die Weisen Frauen und Kundigen Männer betonten oft, dass diese Engel und gute Geister wären, die ihnen von Gott gesandt wurden. Doch einige der Weisen Frauen die unter den Verdacht der Hexerei kamen, sagten in den Prozessen auch aus, dass sie ihre Familiare von der Lady of Elfhame erhielten- ebenso wie die Hexen. Und sowohl Hexen als auch Weise Frauen sagten aus, dass man erst zu einer wirklichen Hexe- oder einer wirklichen Weisen Frau wird, durch einen Familiar.
Während in der modernen Hexerei die Familiare oft als besondere Haustiere gesehen werden, zu denen die Hexe eine tiefe Bindung hat- so waren die Familiare in der klassischen Sichtweise keine Haustiere, sondern Geister die sich in Tiergestalt zeigen konnten sich aber auch in anderen Erscheinungen offenbaren. In der traditionellen Hexerei ist die Verbindung zu den Familiaren (als Geister) in vielen Strömungen sehr wichtig. Für viele traditionelle Hexen haben Familiare eine ähnliche Funktion wie Krafttiere und Hilfsgeister bei den Schamanen. Die Familiare verbinden die Hexe mit der Unterwelt, führen sie bei Trance-Reisen in diese, spenden den Hexen Schutz, stärken ihre Magie und leiten sie an.
Im nächsten Teil des Artikels wird es um die Vorteile von Familiaren gehen und welche Bedeutung sie heute für Hexen haben können…Fortsetzung Folgt…