
Der Vollmond erhellt die Nacht, seine Strahlen verzaubern die Waldlichtung, auf der ein sorgfältig errichtetes Lagerfeuer brennt. Über den Flammen hängt an einem Dreibein ein Kessel und brodelt vor sich hin. Der Schrei einer Eule klingt durch die Nachtluft. Auf der Waldlichtung steht eine Frau, ihre Kleidung ist schwarz wie die Mitternacht, in ihren Händen hält sie einen Besen, aus Reisig gebunden. Ein spitzer Hut mit schwarzer Krempe krönt ihren Kopf, die Krempe des Hutes wirft einen Schatten auf ihr Gesicht, es bleibt im Verborgenen, alterslos, geheimnisvoll. Zu den Füßen der Frau sitzen drei Fette Kröten und beobachten das Feuer. Auch ein dunkler Schatten hält sich in der Nähe der Hexe auf, zwei Augen des Schattens beginnen durch den Feuerschein zu leuchten und man erkennt das dieser Schatten kein Dämon ist, sondern eine rabenschwarze Katze. Fledermäuse huschen um den Feuerschein und fangen Insekten die vom Licht des Feuers angelockt wurden. Das brodeln im Hexenkessel wird lauter, die Hexe beugt sich über den Kessel, rührt mit ihrem Besenstiel das Gebräu um. Ein schrilles Lachen erfüllt die Nacht, ein Schwarm von Krähen wird durch den Lärm aufgeschreckt und flattern über die Lichtung hinweg. Die Katze faucht und buckelt, doch die Hexe lacht weiterhin.
Sie ist die archetypische Hexe.
Sie wird von vielen gefürchtet, andere sehnen sich nach ihrem Wissen und ihrer Macht, andere suchen sie auf, wenn sie Hilfe brauchen. Sei es ein Zauber um einen treulosen Liebhaber vom streunen abzuhalten, oder einen bösen Geist auszutreiben, das Herz der Geliebten zu gewinnen, um Glück in das Heim zu bringen, einen Zauber um einen nahestehenden Menschen zur Genesung zu helfen oder gar einen Feind zu verfluchen. Wenn es um diese Dinge geht, vergessen die Menschen ihre Ängste und suchen sie auf. Auch wenn es darum geht Schwellen zu überschreiten, bei Geburten, Sterbebegleitung und dem Tod ist der Segen der archetypischen Hexe gefragt. Doch viele fürchten ihre dunkle Seite, jene die Unrecht begangen haben, jene die korrupt sind oder böse- ihnen macht die Macht der archetypischen Hexe angst, sie fürchten ihren Fluch und versuchen sie daher zu verfolgen, ihr ihre Macht zu nehmen. Doch die archetypische Hexe ist schlau und gewitzt, auch wenn ihre Feinde sie für verrückt halten, ihre Ängste auf sie projizieren, ihre eigene Boshaftigkeit auf sie richten und die Menschen versuchen glauben zu machen das sie böse ist. Die archetypische Hexe ist nie verschwunden, wurde nie besiegt. Immer war sie anwesend im Hintergrund, an den Ecken und Grenzen, verborgen in der Dunkelheit und doch immer am Puls des Geschehens. Sie wartete darauf das die Zeiten sich ändern, das die Menschen sich wieder nach ihren Segnungen sehnen. Sie steht auf der Waldlichtung, um Mitternacht und sieht in ihrem brodelnden Kessel was war, was ist und was geschehen kann.